Erste traumhafte Begegnung

Zunächst etwas verhalten, vielleicht skeptisch, so reagierte Hans-Heinrich auf uns. Er habe im Internet recherchiert. Auf meine Frage, was er denn gefunden hätte, verzog er verlegen lächelnd den Mund. Ich erzählte ihm meine Geschichte, erklärte, warum ich zu Unrecht verurteilt worden wäre. Er hörte sehr genau zu. Einstein bestätigte meine Darstellung und beschrieb, wie er mir in der Situation geholfen habe und wie sehr unsere Freundschaft dadurch vertieft worden sei.

Als wir ihm eröffneten, dass wir keinen Begehungsschein wollten, da wir die damit verbundenen Pflichten nicht mehr leisten könnten, dass wir auch Schwierigkeiten mit der Versorgung des geschossenen Wildes hätten und dass wir scharf auf Sauen seien, also Sitzfleisch mitbrächten, war das „Eis gebrochen“.

Nachdem Einstein und Hans-Heinrich ihr Leben beschrieben hatten, wurde die Revierkarte vorgestellt. Das Junkernholz gehörte zu seinem Revier. Für mich schien sich ein Traum zu erfüllen. Als Vierzehnjähriger war ich vor einer Rotte von Sauen auf einen Baum geflüchtet. Die Bache stand unter mir, grunzte, dass ich ihre Jungen in Ruhe lassen solle und ich schwor mir damals, den Jagdschein zu machen, nicht, um auf sie zu schießen, sondern um sie abzulenken und mich im Notfall auch verteidigen zu können.

Wie schnell sich heutzutage solch eine ähnliche Situation ergeben kann, musste Einstein erfahren. Auf der Fahrt an Mais- und Kartoffelfeldern vorbei zeigte Hans-Heinrich uns die Stellen, an denen die Sauen den Mais zerlegt hatten. Im Junkernholz selbst stehen zwei Hochstände an Kirrungen, die dazu beitragen sollen, den Wildschaden zu mindern. Mir wurde bewusst, dass mein Kleinwagen nicht geeignet sein würde, um überall durch das Gelände zu kommen. Ich grübelte über unseren Gedanken nach, vielleicht ein Wohnmobil mit Allrad zu kaufen, um nicht stecken zu bleiben und sich nach Nachtansitzen ausschlafen zu können.

An einer Kanzel mitten im Hochwald hielt Hans-Heinrich an, zeigte auf die Leiter und sagte, dass er vor einigen Wochen früh nach einem Nachtansitz die Leiter herabgestiegen sei, mit entladener Büchse. „Nach einigen Schritten stockte mein Atem. Keine zehn Meter vor mir fixierten mich zwei schwarze Punkte aus graublauen Augen: Der Wolf! Zitternd hob ich die gebrochene Waffe von meiner Schulter, schob instinktiv zwei Patronen in die Läufe und .. , da war er schon im Unterholz verschwunden, ich wollte nicht schießen, mich aber im Notfall verteidigen. So tief sitzt noch die Furcht vor einem Wolf. Wir haben hier ein Rudel von acht Wölfen. Und nicht alle finden das toll.“ Auf der Heimfahrt lachte Einstein: „Das mit dem Wolf darfst du nicht deiner Frau erzählen. Dann dürfen wir dort nicht jagen!“ Als ich meiner Frau von dem Wolf berichtete, sprudelte es aus ihr heraus: „Dann komme ich auf jeden Fall mit. Ein Wolf in freier Natur, das ist ja ein Traum!“ Einstein konnte beruhigt einschlafen, als er diesen Kommentar meiner Frau durchs Telefon hörte.

Es war kein Traum, als wir beide den Satz des Jagdpächters verinnerlichten: „Wir sind dankbar, wenn ihr beide regelmäßig zu uns kommt, um auf Sauen zu jagen!“

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