Haut-Gout by Fabian Grimm

Seit dem YouTube Clip über ihn „Vom Vegetarier zum Jäger“, geht vor allem für kochbegeisterte Jäger online kein Weg an Fabian Grimm vorbei. Seine Einträge auf Instagram und seinem eigenen Blog Haut-Gout bestechen dabei vor allem durch ästhetische Fotos – kein Wunder, ist er doch gelernter Grafiker.

Wenn man sich deine Seite haut-gout.de ansieht, arbeitest du auffällig oft mit Wildkräutern, Beeren und Pilzen. Wie kommt das?

 Als Jäger sind wir doch ohnehin ständig in Wald und Feld unterwegs, wenn man sich da ein bisschen mit den unterschiedlichen Arten beschäftigt, findet man eigentlich ständig etwas zu essen. Außerdem kann ich so auch Beute machen, wenn ich nicht jage, ganz unkompliziert und ohne Reviergrenzen beachten zu müssen. Für mich ist das auch eine schöne Motivation, mal Pflanzen oder Pilze nachzuschlagen, die ich nicht kenne und mein Wissen zu erweitern. Im letzten Winter habe ich zum ersten Mal Austernseitlinge gesammelt: Ich hatte mich mit ihren Lebensraumansprüchen beschäftigt und dann gezielt gesucht, als auch die Temperaturen gepasst haben. Als das dann funktioniert hat, und ich tatsächlich zwei alte Buchen mit den Pilzen entdeckt habe, habe ich mich riesig gefreut!

Auf deiner Webseite verarbeitest du immer wieder auch Innereien wie Herz, Leber, Hoden oder Hirn. Wie kommt es dazu und wie sind die Reaktionen?

Wieso sollte man die inneren Organe nicht verwerten? Giftig ist an so einem Reh ja erstmal nichts, und für eigentlich alles gibt es sogar schon Rezepte. Wer sich mit alten Schlachtern über Wurstrezepte unterhält merkt auch, dass bei der Hausschlachtung grundsätzlich nichts nicht verwertet wurde. Ich finde es auch einfach spannend herauszufinden, wie man ein Gehirn schmackhaft zubereiten kann und wie es überhaupt schmeckt. Andere Menschen geben viel Geld aus, um mal etwas „ausgefallenes“ zu essen und freuen sich auf teure Krustentiere, die dann extra vom Atlantik zu uns gefahren werden werden müssen – ich probiere eben auch mal eine Milz oder Kutteln. Ich muss allerdings auch sagen, dass ich nicht immer den ganzen Aufbruch verarbeite, der Hund will ja auch leben.

©Fabian Grimm

Wodurch bist du damals zum Vegetarier geworden?

Mit etwa 16 oder 17 Jahren hatte ich mich entschlossen, kein Fleisch mehr zu essen. Dabei ging es mir im  Wesentlichen um Empathie gegenüber (Nutz-)Tieren. Heute geht das für mich mit der Jagd gut zusammen, es ist ja nicht so, dass ich gegenüber dem Wild kein Mitgefühl empfinde.

Hattest du auch vor dem Jagdschein schon Interesse am Kochen oder hat erst die Jagd das Bewusstsein für Lebensmittel geschärft?

Convenience-food wie Fertigpizza, Dosenravioli etc. enthält oft Fleisch oder zumindest Milchprodukte aus zweifelhafter Herkunft. Wer solche Nahrungsmittel vermeiden möchte (und auf Dauer mehr als Stullen essen will), muss zwangsläufig lernen selbst zu kochen. Ich habe eigentlich schon immer gerne gekocht und bis heute liegt nicht jeden Tag (Wild-)Fleisch auf dem Teller. Pilze habe ich z.B. auch als Vegetarier gerne gesammelt und verarbeitet. Trotzdem hat die Jagd und die Möglichkeit ganze Tiere selbst zu verwerten mich da natürlich sehr beeinflusst, alleine was die ganze Geschmackswelt Fleisch angeht. An einem Reh sind so viele unterschiedliche Fleischqualitäten, zum Kurzbraten, zum Schmoren, für Hack… Ich habe den Anspruch, jedes Teilstück  angemessen zu würdigen, es so zuzubereiten, wie es am besten schmeckt und den optimalen Geschmack herauszukitzeln – irgendwann bin ich dann hoffentlich so weit. Ich lerne bei fast jeder Mahlzeit weiter dazu. Die meisten Menschen kaufen Fleisch heute ja gleich mit „Anleitung“, also als „500 Gramm Gulasch, bitte“. Aber welches Teilstück gibt denn das beste Gulasch, darüber denken die nicht einmal nach – dabei ist das doch eine spannende Frage. Mein bestes Gulasch habe ich aus Wildschweinbäckchen zubereitet, die lösen viele Jäger gar nicht erst aus. Außerdem hat mir die Jagd viel Selbstbewusstsein für andere Experimente gegeben: Wenn ich ein Wildschwein, das fast so schwer wie ich ist, verarbeiten kann, werde ich es doch wohl auch hinbekommen, ein paar Spargelspitzen zu fermentieren oder richtig fluffige Burgerbrötchen zu backen.

Wie waren die Rückmeldungen auf das erste Youtube Video über deine Geschichte?

Ich hatte das am Anfang nicht so intensiv verfolgt. Den Film hatte ja nicht ich gedreht, sondern David Seitz von fleischglueck.de, er war dann auch für den Zeitpunkt der Veröffentlichung verantwortlich, genau an diesen Tagen war ich ohnehin unterwegs und nicht so viel am Rechner. Trotzdem habe ich ihn dann natürlich auf meiner Seite geteilt und mich da auch sehr über die sehr positive Resonanz gefreut. Auf Youtube hat der Film mittlerweile fast 1000 Kommentare, die habe ich mir dann nicht alle durchgelesen. Am lustigsten fand ich eigentlich einen thread in einem Jagdforum, da wurde doch sehr, sehr gewagt interpretiert…

Bist du als jagdlicher Blogger schon einmal von selbsternannten Tierrechtlern kontaktiert worden? Empfehlungen?

Bisher gab es vielleicht eine Handvoll Kommentare in den sozialen Medien in dieser Richtung, das waren dann Links zu Jagdgegnerseiten oder ähnliches. Die lasse ich einfach stehen. Große Probleme in die Richtung habe ich aber nicht, normalerweise bekomme ich nur Fragen nach bestimmten Zutaten und Rezepten. Ich bekomme natürlich mit, dass es da bei anderen immer wieder auch Ärger gibt, zum Teil ist es wohl auch einfach Pech, wie sich das entwickeln kann. Ich denke aber, wenn man begründet, was man tut, stößt man auch mit Bildern, die für die meisten Menschen eher ungewohnt sind, nicht unbedingt auf Widerstand – die Mehrheit isst ja selbst Fleisch. Ich zeige auf meiner Seite bewusst Bilder von erlegtem Wild und Fotos vom Zerwirken, aber eben immer mit einer kurzen Erklärung dazu und meistens auch mit einem angerichteten Teller. Das wäre wohl auch meine Empfehlung wenn man Ärger vermeiden möchte: Statt einfach das erstbeste Handyfoto von einem erlegten Stück direkt aus dem Revier in fünf Facebookgruppen zu posten, sollte man sich da vielleicht die Zeit nehmen ein ordentliches Bild zu machen, einen kurzen Text über das Erlebnis zu schreiben – und sich auch mal zu fragen, ob das Bild wirklich unbedingt ins Netz gehört.

Gejagt wird nur, was auch verwertet werden kann ©Fabian Grimm

Wie häufig gehst du selber jagen? Hast du ein eigenes Revier?

Ich habe schon in verschiedenen Bundesländern gelebt und gejagt, derzeit habe ich in Thüringen einen  Pirschbezirk direkt vor der Haustür bei der Landesforst. Für mich ist das perfekt, da kann ich auch spontan mal raus und passendes Wetter ohne großen Aufwand nutzen. Außerdem hat der Pirschbezirk für mich eine schöne Größe: ich kann meine Strecke selbst verwerten und muss nichts vermarkten. In einem größeren Revier müsste ich mich entweder um den Verkauf kümmern oder ich würde dick werden… Im Alltag spielt Jagd schon durch den Hund ständig eine Rolle, aber natürlich nicht immer mit der gleichen Intensität. Im Mai war ich jetzt  eigentlich jeden Morgen draußen, das kann ich mir als Freiberufler ganz gut einteilen. Dafür mache ich danach Pause, jage nicht und arbeite da entsprechend mehr. Wildarten, die bei uns nicht vorkommen, kann ich gelegentlich bei Freunden und Bekannten bejagen. Das ist natürlich besonders schön, wenn dann im Herbst auch mal die ein oder andere Ente oder ein Stück Rotwild in den Gefrierschrank wandert.

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