Ungarischer Hegeabschuss

Einen guten Freund in einem ungarischen Nationalpark zu haben kann eigentlich nie schaden. Wenn er dann noch der dort zuständige Berufsjäger ist, ist es mehr als nur Freundschaft. Jedes mal aufs Neue freue ich mich nach Südungarn zu reisen.

Idylle pur in der Natur Südungarns. ©Team Winz

Längst sind die mir dort bekannten Menschen, das Klima und natürlich vor allem das Wild ans Herz gewachsen. Auf dieser Reise ging es darum, meinen Freund bei der Jagd auf den Schakal zu unterstützen. Während dieser eng mit dem Wolf verwandte Räuber in Deutschland noch nicht so bekannt ist, stellt er auf dem Balkan in vielen Revieren ein großes Problem dar. Oft als Paar jagend, reißen sie unter anderem sehr häufig Rehwild. Bei entsprechendem Vorkommen vergeht kein Abend, ohne dass man das schaurige Heulen, Bellen und Winseln zu hören bekommt.

Die späte Dämmerung oder die Nacht sind für die Schakalbejagung ideal. ©Team Winz

Beginnt ein Schakal mit seinem Heulkonzert, dauert es nur wenige Sekunden und aus allen Ecken wird ihm lautstark geantwortet. Bejagt wird er am besten in der Nacht oder in der späten Dämmerung. Hierbei ist nicht nur der Ansitz sondern bei guten Revierkenntnissen auch eine vorsichtige Pirsch durchaus vielversprechend.

©Team Winz

Es ist Ende August und die Blattzeit liegt bereits hinter uns. Es wird nicht mehr lange dauern bis die ersten Hirsche melden werden. Um die bevorstehende Brunft nicht zu stören pirschen Csanad, mein ungarischer Freund und Jagdführer, und ich nur am Rande des Reviers, weit abseits der Brunftplätze. Der Wind steht günstig als wir an eine große Freifläche gelangen auf denen noch zahlreiche Heuballen liegen. Um uns einen Überblick zu verschaffen, nutzen wir einen dieser Ballen und glasen die riesige Wiese in aller Ruhe ab. Eine Auflage fürs Fernglas ist in dieser Situation gar nicht schlecht denn ich nutze auf dieser Jagd das Pirschler 12*56 von DDoptics und bei 12-facher Vergrößerung braucht man schon ein ruhiges Händchen oder aber eine stabile Auflage. Einen Schakal können wir zunächst nicht entdecken und auch sein Heulen ist noch nicht zu vernehmen. Vermutlich ist es noch zu früh, aber eine Bewegung am Waldrand macht uns stutzig. Bei genauerem Hinsehen entpuppt sich der Schatten als Bock. Eigentlich keine Besonderheit aber etwas scheint nicht zu stimmen. Die Bewegungen des Rehbocks sind nicht flüssig, beim Äsen scheint er sich ständig zu kratzen und auch das Äsen selbst scheint ihm schwer zu fallen. Abgekommen ist er keineswegs, doch auch das Gehörn erscheint abnorm. Noch sind wir zu weit entfernt um mehr erkennen zu können, neugierig beschließen wir, der Sache auf den Grund zu gehen. Die Heuballen als Deckung nutzend pirschen wir uns immer näher heran.

© Team Winz

Noch sind es etwas über zweihundert Meter, doch aus dieser Entfernung erkennen wir bereits tennisballgroße Geschwüre von denen der Bock befallen ist. Ein Blick in das Gesicht meines Freundes genügt und es ist klar, dass wir handeln müssen. Unter normalen Umständen würde ich versuchen näher heranzukommen, doch wir sind am letzten Ballen angelangt und das Risiko, dass das Reh abspringt ist größer als die Gefahr vorbei oder gar krank zu schießen. Ich weiß, dass ich mich auf meine Ausrüstung verlassen kann und bin in diesem Moment wieder einmal froh jede Möglichkeit des Übens ständig zu nutzen. Allein häufiges Training kann die Sicherheit vermitteln, in Situationen wie dieser nicht zu versagen. Noch ein tiefer Atemzug und ich krümme den Zeigefinger. Wie erhofft liegt der Treffer perfekt und die dicht hinter dem Blatt angetragene Kugel lässt den Bock im Knall verenden.

„Waidmannsheil, gut gemacht mein Freund“ lautet der zufriedene Kommentar von Csanad als wir wenig später am Bock ankommen. Der ganze Wildkörper ist übersät von warzenartigen Geschwulsten. Am Äser, auf der Decke, an den Brunftkugeln überall sind sie zu finden. Nach genauerer Betrachtung sind wir sicher, dass es sich um die Viruserkrankung Papillomatose handelt. Während ich in Deutschland bisher kein Reh mit dieser Wildkrankheit erlegt oder gesehen habe, sind in Ungarn ca. ein Prozent davon betroffen. Die größten Probleme stellten für unseren Bock vermutlich die Wucherungen an den Gelenken dar. Sie schienen von den Bewegungen aufgeplatzt und hatten sich außerdem an den offenen Stellen entzündet. Auch sein Gehörn ist abnormal wie auf den Bildern zu erkennen ist. Erfolgreiche Präventivmaßnahmen gegen diese Erkrankung sind mir nicht bekannt und so bleibt nur der Hegeabschuss in jeder machbaren Situation, um mögliches Leid zu beenden. Natürlich haben wir weder im Revier aufgebrochen, noch den Aufbruch ins Revier gebracht. Das Wildbret kann verwertet werden aber um ehrlich zu sein: ich habe in diesem Fall darauf verzichtet.

P.S. Zu unserem Glück ist uns später auch noch ein Schakal über den Weg gelaufen.

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